Sophie Fetthauer

Projekte

Paula, Josef und Frieda Fruchter: Briefe aus dem Shanghaier Exil 1941–1949

Forschungsprojekt an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, gefördert von der DFG, ab März 2023

Im April/Mai 1941 flohen die Pianistin und Stimmbildnerin Paula Fruchter (1896–1983) und der Sänger, Gesangslehrer und Kantor Josef Fruchter (1900–1976) mit ihrer achtjährigen Tochter Frieda (1933–2020) nach Shanghai. Sie gehörten zu den etwa 18.000 überwiegend jüdischen Flüchtlingen, die in der chinesischen Hafenstadt vor der NS-Verfolgung Zuflucht suchten. Ergänzt durch Nachrichten ihres Mannes und ihrer Tochter schrieb Paula Fruchter zwischen 1941 und 1949 fast 70 Briefe, Postkarten, Telegramme und Rot-Kreuz-Nachrichten an ihre Mutter und weitere Angehörige in Wien. Da die Mutter nicht von antisemitischer Verfolgung betroffen war, überdauerte sie die NS-Zeit in Wien und mit ihr die Briefe. Das ist eine absolute Besonderheit, denn in den meisten Fällen wurden die Adressaten von Briefen aus Shanghai deportiert und ging dann mit ihrer Habe auch die Korrespondenz verloren.
Die Briefe der Fruchters, zu denen keine Antwortbriefe erhalten sind, wurden in drei Phasen geschrieben. Die ersten Nachrichten entstanden während der Flucht von Wien über Berlin, Moskau, Sibirien und Mandschukuo und geben einen Eindruck von den Umständen der Reise, von Städten und Landschaften sowie der Annäherung an fremde Lebenswelten. Den Abschluss bilden vier Briefe, die während der Schiffspassage von Shanghai über Italien nach Israel bzw. in Raanana, Israel, geschrieben wurden. Hier geht es vor allem um Hoffnungen und Ängste in Bezug auf die Zukunft. Den größten Teil machen die Briefe aus Shanghai aus. Sie thematisieren neben der beruflichen Situation (Konzerte, Unterricht, Arbeit als Kantor in der Synagoge, Arbeitsumstände, Konkurrenzsituation usw.) den Alltag in Shanghai (Unterkunft, Ernährung, Gesundheit, Klima, Erziehung, Kontaktnetzwerke und Überlegungen für die Weiterwanderung bzw. Remigration in der Nachkriegszeit). Vor dem Hintergrund der schwierigen Lage in Shanghai und der Sorge um die Mutter in Wien entwickelte vor allem Paula Fruchter – typisch für Briefe aus dem Exil – Schreibstrategien, die der Selbstvergewisserung ebenso wie der Beruhigung der Mutter dienten.
Ziel des Projekts ist eine zweiteilige Publikation. Den ersten Teil soll eine analytische Studie bilden. In ihr sollen die exilspezifischen Kommunikationsstrategien der Fruchters und damit u. a. das Bild, das der Familie in Wien von den Verhältnissen in Shanghai einschließlich des Musiklebens übermittelt wurde, analysiert werden. Dies verbindet sich mit Ausführungen zum Forschungsstand, zur Quellenlage, den historischen Hintergründen, den Biographien der Fruchters und den familiären Zusammenhängen. Die Briefedition samt Kommentar- und Verweisapparat, einem Briefverzeichnis und einem Bericht über die editorischen Probleme und Entscheidungen soll den zweiten Teil bilden.

Ferdinand Kaufmann (1877–1938). Lebensstationen eines Geigers und Dirigenten

Forschungsauftrag, 2022/23

Ferdinand Kaufmanns Biographie steht exemplarisch für die Lebenswege vieler Musiker seiner Generation. Bei guten Geigenlehrern ausgebildet und mit viel Energie für das mobile Leben eines Musikers ausgestattet, begann er seine Laufbahn kurz vor der Jahrhundertwende. Geboren 1877 im hessischen Anspach und aufgewachsen Frankfurt am Main, standen am Anfang seiner beruflichen Karriere, unterbrochen durch Aufenthalte in Prag und St. Petersburg, unter anderem Engagements in Orchestern in Frankfurt a. M., Nürnberg, Bad Nauheim, Leipzig und Wiesbaden. Nach seiner Übersiedlung nach Berlin 1910 ging er für einige Zeit in die USA und anschließend zurück über Berlin nach Frankfurt a. M. Nach einer Zeit als Privatmusiklehrer während des Ersten Weltkriegs auf Schloss Lich sowie vereinzelten Konzerten in der Region arbeitete er als Geiger und Dirigent in Sinfonie-, teils auch Kinoorchestern in Lüdenscheid und Ludwigshafen, bevor er angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage den endgültigen Wechsel in die Unterhaltungsmusik vollzog, zunächst eine Zeitlang in den Varietés von Luxembourg und ab etwa 1924, nach einem zwischenzeitlichen Engagement in einem Berliner Opernorchester, vor allem im Rundfunk und in der facettenreichen Schallplattenindustrie der Hauptstadt, in der er bis zu seinem Tod 1938 lebte.
Kaufmanns Entwicklung als Musiker war stark von den politischen, sozio-ökonomischen und technischen Entwicklungen der Zeit geprägt. Vor allem der Erste Weltkrieg und die darauf folgende wirtschaftliche Depression liefen dem Aufbau seiner Karriere massiv entgegen, wie zugleich die damit verbundenen Veränderungen in der Orchester- und Theaterlandschaft Konsequenzen hatten. Gleichzeitig entstanden durch die Einführung des Rundfunks und den Aufschwung der Schallplattenindustrie neue Arbeitsmöglichkeiten. Mit allem verbunden war der sich ständig verändernde Musikgeschmack im klassischen ebenso wie im populären Musiksektor. Das Virtuosenrepertoire des 19. Jahrhunderts, mit dem er seine Karriere in einer Orchesterlandschaft begonnen hatte, in der der unterhaltende Aspekt noch größere Priorität hatte als später, führte ihn dabei langfristig nicht auf die große Konzertbühne, sondern in die stilistisch breit gefächerte Unterhaltungsmusik im Deutschland der 1920er und 1930er Jahre.
Das Projekt soll über die vielfältigen biographischen Stationen Ferdinand Kaufmanns informieren. Durch die Art seiner Beschäftigung als Geigensolist, Konzertmeister, Dirigent, Kapellenleiter und Geigenlehrer, die jeweilige Einbindung in Institutionen und ihre Rahmenbedingungen sowie die sich verändernden Repertoires lässt die Biographie indirekt zugleich ein Bild der Zeit entstehen, in der Kaufmann gelebt hat und auf deren Herausforderungen er – nicht immer ganz freiwillig – ständig reagieren musste.

Arthur Kay, vordem Kautzenbach (1882–1969). Ein Dirigent, Komponist und Arrangeur in den Musikwelten von Theater, Stummfilmkino und Hollywood-Studio

Forschungsauftrag, Publikation im von Bockel Verlag, Neumünster, 2023

Flyer [PDF]

Geboren 1882 als Arthur Kautzenbach in der schlesischen Provinz – verstorben als US-Staatsbürger Arthur Kay mit 87 Jahren Los Angeles.
Zwischen den Ereignissen liegt eine vielschichtige Schaffenszeit als Dirigent, Komponist und Arrangeur für das Konzertpodium, die Theaterbühne, den Stumm- und den Tonfilm, die für den jungen Kautzenbach nach dem Studium in Berlin mit der Übersiedelung in die USA 1907 begann. Zunächst Cellist im Boston Symphony Orchestra und Dirigent des Boston Pops Orchestra, wirkte er bald in New York und in der US-amerikanischen Provinz als Dirigent im populären Musiktheater, vor allem in Zusammenarbeit mit dem Operettenkomponisten Victor Herbert. Als „Arthur Kay“ machte sich der Dirigent, Komponist und auch Kompilator im Stummfilm ab 1918 in Los Angeles sowie kurzzeitig in Seattle und Chicago einen Namen, u. a. in bekannten Häusern wie Grauman’s Million Dollar Theatre. Es folgten Engagements für den Tonfilm, vor allem für die Fox Corporation und andere Hollywood-Studios. U. a. lieferte er Cue Sheets bzw. Partituren zu Charlie Chaplins The Circus und Raoul Walshs The Big Trail. Mitte der 1920er Jahre kehrte er ans Theater zurück. Dabei widmete er sich gegen alle Trends weniger dem Musical als der europäischen und US-amerikanischen Operette – ab Ende der 1930er Jahre in einem langjährigen Engagement bei der Los Angeles Civic Light Opera, etwa mit Produktionen wie Song of Norway und Kismet.
Auf allen Stationen seines künstlerischen Schaffens lieferte Kay Impulse, die aus seinem europäischen Erfahrungsschatz herrührten – grundlegend war dabei die Ausbildung in der klein-städtischen Lehrlingskapelle seines Vaters sowie das Studium an der noch stark an der Musikästhe-tik des 19. Jahrhunderts orientierten Berliner Hochschule. Er gehörte damit zu den zahlreichen Immigranten, die in den USA weitreichende Transfer- und Aneignungsprozesse in Gang setzten und die Entwicklung von Musik, Theater und Film nachhaltig prägten.

Die Hamburgische Vereinigung von Freunden der Kammermusik. Von der Gründung 1922 bis zur Vereinsgründung 1949

Forschungsauftrag, Publikation im Verlag Berg & Feierabend, 2022

Podcast „Musikszene“, DFL, Sendung von Elisabeth Richter, 3. Januar 2023

Podcast „Welt der Musik“, NDR Kultur, Sendung von Marcus Stäbler, 11. September 2022

Die Hamburgische Vereinigung von Freunden der Kammermusik wurde 1922 von den Mäzenen Emanel Fehling (1873–1932) und Georg Tillmann (1882–1941) in Hamburg gegründet. Bis zum Frühjahr 1932 veranstaltete sie im Festsaal des Hotel Atlantic zehn Saisons mit den besten international verfügbaren Kammermusikvereinigungen, insbesondere Streichquartetten, und Kammerorchestern der Zeit. Das Projekt geht der Verortung dieser Konzertinitiative in der Kulturlandschaft Hamburgs nach. Dabei werden die Biographien der beiden Hauptmäzene, die Konzertrepertoires und Reaktionen der Musikritiker in den Blick genommen wie auch die Neugründung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Anlass für den Forschungsauftrag ist der 100. Geburtstag der Konzertinitiative im Jahr 2022.

Tillmann, Georg [1882-1941]

Musiker und Musikerinnen im Shanghaier Exil 1938–1949

Forschungsprojekt an der Universität Hamburg, gefördert von der DFG, Publikation im von Bockel Verlag Neumünster, 2021

Flyer deutsch [PDF]

Flyer englisch [PDF]

Besprechung: Albrecht Dümling: „Ein Standardwerk auf umfangreicher Quellenbasis. Musiker und Musikerinnen im Shanghaier Exil 1938–1949“, in: mr-Mitteilungen, Nr. 108, musica reanimata. Förderverein zur Wiederentdeckung NS-verfolgter Komponisten und ihrer Werke e. V., Berlin: Nov. 2022, S. 2–8.

Podcast „Welt der Musik“, NDR Kultur, Sendung von Ludwig Hartmann, 28. August 2022

Besprechung, Das Orchester, 12/2021, S. 71

Virtual Book Launch, Wiener Holocaust Library, 20. Oktober 2021

Podcast „Fazit“, DFL Kultur, Sendung von Eckhard Roelcke, 11. Juli 2021

Mehr als 450 Musiker und Musikerinnen waren unter den etwa 18.000 überwiegend jüdischen Flüchtlingen aus Deutschland und Österreich, die ab 1938 vor der NS-Verfolgung nach Shanghai flohen. Für die meisten war die chinesische Hafenstadt, die zunächst teilweise, später ganz von der japanischen Armee besetzt war, kein Wunschziel. Kriegsbedingt gab es dort aber gerade keine Einreiseformalitäten.
Für die Zeit bis zur Machtübernahme der Kommunisten 1949 war das Shanghaier Exil in politischer, kultureller und sozioökonomischer Hinsicht ein Ausnahmefall. In der 3,5 Millionen-Stadt lebten überwiegend Chinesen, daneben existierten exterritoriale Niederlassungen von Franzosen, Briten und US-Amerikanern. Außerdem gab es zahlreiche weitere Gruppen von Ausländern, darunter russische Revolutionsflüchtlinge, Auslandsdeutsche und Mitglieder bagdadisch-sephardischer und russisch-aschkenasischer jüdischer Gemeinden. Dabei war die Lage von einer zeitweilig verordneten Ghettoisierung, von Kriegsfolgewirkungen und Mangelversorgung geprägt.
Vor diesem komplexen Hintergrund wird in dem vorliegenden Band erstmals umfassend die Frage nach den Bedingungen der beruflichen Wirkungsfelder, den (sub-)kulturellen Entwicklungen sowie nach Anpassung und Abgrenzung der geflüchteten Musiker und Musikerinnen gestellt. Manche integrierten sich in die etablierten, meist westlich geprägten Konzert-, Bühnen- und Unterhaltungsbetriebe sowie in das musikalische Ausbildungswesen. Daneben entwickelte die Flüchtlingsgemeinschaft im Stadtteil Hongkew ein eigenständiges Musikleben. Der Grad der Integration in das „Stadtleben“ war also sehr unterschiedlich. Einige passten sich an die Gegebenheiten an und konnten in einen produktiven Austausch mit alteingesessenen Kollegen oder Schülern treten. Andere blieben dem Musikleben einer Flüchtlingssubkultur verhaftet. Manche strebten in beide Richtungen, wieder andere mussten ihren Musikberuf aufgeben.
Unter anderem stehen folgende Themenfelder im Blickfeld: die Rolle der Hilfsorganisationen im Vorfeld des Exils • populäres Musikleben • gewerkschaftliches Engagement • klassisches Musikleben und Institutionalisierung • Shanghai Municipal Orchestra • Bühnenschaffen • Kantoren in Synagoge und Konzert • Musikpädagogen und chinesische Schülerkreise • kompositorische Aktivitäten • Weiterwanderung und Wiedergutmachung nach Kriegsende.

Siehe Biographien nach Shanghai bzw. Harbin geflüchteter Musiker und Musikerinnen im Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit:

Abbe, Siegbert [1906-?]
Adler Ferdinand [1903-1952]
Albach-Gerstel, Rosl [1895-?]
Alexander, Hermann [1876-?]
Amsterdam, Moses [1904-1965]
Antman, Billy [1924-1972]
Antman, Samuel [1900-1975]
Aronovici, Paul [1906-1966]
Aschendorff, Jacob [1906-1945]
Baer, Annaliese [1899-1984]
Baer, Hans [1893-1967]
Baruch, Inge [1916-?]
Bélai, Béla [1885-1953]
Bélai, Marie [1884-?]
Bergmann, Hans [1901-?]
Bloch, Jeannette [1874-1944]
Borower, Siegbert [1891-1981]
Breuer, Adolf [1899-?]
Breuer-Theilheimer, Karla [1904-1994]
Büchler, Alfred [1927-2002]
Burstein, Josephine [1884-1975]
Cohn, Erich [1899-1964]
Cohn, Hans [1926-2020]
Collin, Hans [1890-?]
Dahl, Nathan [1870-1954]
Dreifuß, Alfred [1902-1993]
Dub, Oskar [1879-1966]
Ehrenberg, Max [1888-1984]
Einzig, Albert [1882-1950]
Elias, Gertrud [1912-1995]
Elkan, Karl Herbert [1903-1968]
Epstein, Martin [1884-1967]
Erdensohn, Caesar [1884-1971]
Erdensohn, Paul [1889-1956]
Fehér Slotowski, Ibolyka [1900-1940]
Felber, Erwin [1885-1964]
Fenster, Heinz [1906-?]
Fischer, Harry [1911-?]
Fleischer, Leopold [1910-1995]
Flörsheimer, Gustav [1909-1985]
Flohr, Lilly [1893-1978]
Friedländer, Harry [1897-1966]
Fruchter, Josef [1900-1976]
Fruchter, Paula [1896-1983]
Frum, Bernhard [1914-1975]
Fuchs, Erich [1899-?]
Gassenheimer, Günther [1913-1981]
Gerstel, Bronislawa [1887-1972]
Glahs, Rudolf [1884-1968]
Glogau, Gritta [1926]
Gottschalk, Ernst [1903-1969]
Grey, Edith [1916-2010]
Gutfreund, Salomon [1880-?]
Gutkind Sally [1878-1975]
Haase, Siegfried [1906-?]
Hauptmann, Harry [1882-1953]
Hausdorff, Martin [1901-1956]
Herzberg, Gertrude [1885-1965]
Hes, David [1892-?]
Kahn, Alfred [1902-1959]
Katz, David Markus [1906-1984]
Kaufmann, Jakob [1892-1977]
Kempe, Erna [1898-1988]
Kimelmann, Josef [1898-1978]
Klein, Chaim Jakob [1875-?]
Kohner, Robert [1920-?]
Kovacs, Oscar [1902-?]
Kreutzer, Juda Löb [1886-1943]
Kuttner, Fritz A. [1903-1991]
Kwiat, Hirsch [1880-1946]
Langer-Klemann, Margit [1906-1994]
Lerner, Tobias [1893-1969]
Lewandowski, Walter [1893-1969]
Lewkowitz, Mendel [1915-1976]
Loeser, Albert [1896-1975]
Löwenberger, Kurt Peter [1903-1943]
Löwit, Wilhelm [1888-1941]
Maaß, Leopold [1872-1957]
Magasiner, Miriam [1918]
Manczyk, Clara [1877-1952]
Manczyk, Oskar [1882-1963]
Manes, Walter [1911-2008]
Marcus, Erwin [1901-1956]
Margolinski, Henry [1902-1980]
Margolinski, Irene [1899-1980]
Margulies, Siegbert [1911]
Markt, Heinrich [1890-1964]
Meyer-Frank, Ilse [1904-1941]
Oschitzki, Max [1903-1988]
Panofsky, Lina [1884-1952]
Philippsborn, Fritz [1915-2006]
Pincus, Gerhard [1885-1953]
Podrabinek, Meyer [1896-1982]
Porgé, Mór [1888-?]
Prager, Fritz [1883-1962]
Radt, Kurt [1911-?]
Rapp, Sabine [1910-1977]
Resek, Bella [1895-1988]
Retzler, Max [1901-1971]
Robitschek, Lisa [1902-1982]
Rodmann, Siegmund [1907-1993]
Rossetty, Henry [1905-1992]
Rotenberg, Samuel [1899-1975]
Roth, Leo [1921-2004]
Ruff, Bernhard [1892-1970]
Ruff, Herbert A. [1916-1985]
Ruff, Leo [1888-1944]
Ruff, Otto [1895-1968]
Sapiro, Boris [1910-1960]
Saxl, Franz Otto [1890?-?]
Schallamach, Josef [1907-1977]
Scheige, Max [1901-1952]
Schlesinger, Max [1874-1944]
Schlesinger, Tilly [1873-1942]
Schönbach, Leo [1892-1945]
Schönbach, Regina [1887-1970]
Schüler, Hermann [1902-?]
Schwarz, Nikolai [1888-1946]
Schönbach, Leo [1892-1945]
Schönbach, Regina [1887-1970]
Smart, Gino [1912-1959]
Sonnenschein, Siegfried [1909-1980]
Spittel, Helmut [1911-1969]
Spoliansky, Alexander [1884-1953]
Steiner, Adolf [1894-?]
Stern, Dittmar [1880-1968]
Stern, Hellmut [1928-2020]
Stern, Ilse [1901-1970]
Trum, Albert [1902-1988]
Warschauer, Max [1911-1961]
Wartenberger, Heinz [1887-1953]
Weiss, Paul [1898-1967]
Weißler, Ernst [1887-1972]
Werner, Geza [1914-1991]
Wesel, Albert [1891-1964]
Winkler, Eugen [1906-1977]
Winternitz, Carl Maximilian [1885-1961?]
Wittenberg, Alfred [1880-1952]
Wolf, Donat [1902-1984]
Wolf, James Iwan [1893-1981]
Wolfers, Anneliese [1910-2010]
Wolff, Arthur [1885-1945]
Zeisner, Hans [1911-1978]
Zernik, Herbert [1903-1972]

„Ich glaube an Europa, ich glaube sogar an ein anderes Deutschland“. P. Walter Jacobs Remigration und seine Intendanz an den Städtischen Bühnen Dortmund 1950-1962

Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit Ildikó Felbinger, gefördert von der P. Walter Jacob-Stiftung an der Walter. A. Berendsohn-Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur, Publikation im Waxmann Verlag Münster, 2018

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Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schrieb der Theaterleiter und Regisseur P. Walter Jacob (1905-1977) an Freunde, dass er das Exil stets als Interimsphase betrachtet habe und dass er sich in Deutschland zukünftig am kulturellen Wiederaufbau beteiligen wolle. So penibel er seine Rückkehr von Argentinien vorbereitet hatte, so geriet er, als er 1950 zum Intendanten der Städtischen Bühnen Dortmund gewählt wurde, dann doch in eine ambivalente Situation. In der vorliegenden Studie, die auf das P. Walter Jacob-Archiv in der Walter A. Berendsohn-Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur sowie weitere, vor allem Dortmunder Archivbestände zurückgreift, wird eben diese Situation in den Blick genommen. In den Vordergrund ihrer Darstellung, in deren Zentrum Jacobs zwölfjährige Intendanz in Dortmund steht, rücken dabei die Widersprüchlichkeit und die Zeitbedingtheit seiner Absichten und Handlungen. So wird deutlich, dass er bei allen Bemühungen um eine Rückkehr nach Deutschland immer auch Alternativen in Betracht zog, und zwar auch noch, als er bereits in Dortmund war. Auch musste er seine Vorstellungen von der deutschen Nachkriegskultur, die er im Exil entwickelt hatte, in der konkreten Arbeit revidieren, weil sich die deutsche Gesellschaft und mit ihr die Theaterlandschaft nach zwölf Jahren Diktatur und fünf Jahren Krieg verändert hatten. Zwar war Jacob bereit, sich in die Nachkriegsgesellschaft einzugliedern und einen „Schlussstrich“ unter die NS-Vergangenheit vieler Persönlichkeiten seines näheren und weiteren Umfeldes zu ziehen, z. B. Herbert Gerigk, zugleich reagierte er auf Anfeindungen, auch antisemitischer Art, in Form von Denkschriften, Prozessen und persönlichen Interventionen in Politik und Presse. Schließlich sah er sich in seinen Vorstellungen von „Wiedergutmachung“ getäuscht. Anhand ausgewählter Themen spannt die Arbeit einen weiten Bogen, in dem die Vorbereitung der Remigration, die Umstände von Jacobs Wahl und die Auseinandersetzungen um seine Stellung als Intendant, Fragen des Theaterkonzepts und Repertoires sowie abschließend der Wiedergutmachung betrachtet werden. Gleichsam nebenher ergibt sich ein Bild von der Nachkriegsgesellschaft in Westdeutschland, von den Arbeitsbedingungen in einer kriegszerstörten Stadt, vom städtischen Theaterbetrieb und seinen Verflechtungen mit städtischer Verwaltung und Presse, von den Repertoireentwicklungen und Rezeptionsbedingungen sowie dem nach wie vor virulenten Antisemitismus und den Mechanismen des Verschweigens der jüngsten Geschichte.

Musik und Theater im DP-Camp Bergen-Belsen

Forschungsprojekt, Publikation im von Bockel Verlag Neumünster, 2012

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Das im April 1945 in der Nähe des Konzentrationslagers errichtete Displaced Persons Camp Bergen-Belsen war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die zentrale Sammelstelle für Überlebende der Konzentrationslager, ehemalige Zwangsarbeiter und andere Flüchtlinge in der britischen Zone Deutschlands. Bis zu seiner Auflösung im Sommer 1950 entwickelte sich hier ein vielfältiges Kulturleben, das anfänglich durch die internationale Zusammensetzung seiner Bewohner und ab 1946 überwiegend durch jüdische DPs aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern geprägt war. Der Blick auf die Zeit der Verfolgung und auf die verloren gegangene jüdische Welt Osteuropas dominierte die inhaltliche Gestaltung der Veranstaltungen mit Musik, Theater und Kleinkunst, die von den DPs aus Bergen-Belsen, aber auch von reisenden Gastkünstlern bestritten wurden. Insbesondere zwei 1946 in Bergen-Belsen erschienene Liederbücher, Sami Feders Zamlung fun katset und geto lider und Reuben Lipschitz’ Lebedik amkho …, die im Zusammenhang mit der Arbeit zweier Theatergruppen, des „Katset-Teaters“ und der „Yidishen Arbeter-Bine“ entstanden, geben dabei einen Einblick in das Repertoire, das die DPs in dieser Zeit beschäftigte. Musik und Theater stießen beim Publikum meist auf großes Interesse, führten aber auch zu kontroversen Diskussionen und harscher Kritik in der Presse, so dass durch die Rekonstruktion des Musik- und Theaterlebens nicht nur der hohe Stellenwert des Kulturlebens in der Phase zwischen Verfolgung und Emigration, sondern auch die Probleme und unterschiedlichen Interessenlagen der DPs deutlich werden.
Die Studie behandelt die einzelnen Phasen des Kulturlebens im DP-Camp Bergen-Belsen, die Biographien der aktiven Musiker, Theaterleute und Kulturfunktionäre, die Geschichte der in Bergen-Belsen ansässigen Kulturinstitutionen, Spielstätten und Ensembles, zwei in Bergen-Belsen erschienene Liederbücher, die Auftritte der Tourneekünstler, die Auswahl des Repertoires sowie die Reaktion von Publikum und Presse.

Siehe Biographien von Musikern und Musikerinnen, die in Displaced Person-Camps gewirkt haben, im Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit:

Aronson, Lev [1912-1988]
Beker, Fanny [1921-1998]
Boczkowska, Sonia [1922]
Durmashkin-Gurko, Henny [1923-2002]
Feder, Sami [1906-2000]
Kraus, Moshe [1922]
Lipschitz, Reuben [1918-?]
Mathé, Lily [1910-?]
Olewski, Rachela [1921-1987]

Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit

Herausgegeben von Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen, Sophie Fetthauer und Friedrich Geiger am Institut für Historische Musikwissenschaft der Universität Hamburg seit 2005

lexm.uni-hamburg.de

Das Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit ist unter www.lexm.uni-hamburg.de einzusehen. Es stellt Biographien von Musikern und Musikerinnen vor, die 1933-1945 aus „rassischen“, politischen, kulturellen, religiös-weltanschaulichen oder anderen Gründen verfolgt waren. Im Mittelpunkt stehen damit Lebenswege, die durch Diskriminierung, Beraubung, Inhaftierung in Ghettos und KZs, durch Versteck oder Exil tiefe Einschnitte erfahren haben.
In das Lexikon aufgenommen werden Personen aller Altersgruppen, sofern sie professionelle Musiker waren, zu den vom NS-Staat Verfolgten gehörten und in Deutschland oder Österreich wirkten oder bekannt waren. Dabei werden von der Komposition, Interpretation, Pädagogik, Wissenschaft bis zum Musikmanagement alle Bereiche des Musiklebens einbezogen. Zu den Personen sind jeweils eine Biographie sowie Stichworte zu Personendaten, Berufen/Tätigkeiten und Verfolgung/Exil abrufbar. Verzeichnisse von Werken, Quellen, Bild- und Notenbeispiele sowie Linksammlungen runden die einzelnen Artikel ab.
Ziel ist es, eine Grundlage für die Forschungsfelder Musik im NS-Staat und Exilmusik und die damit zusammenhängenden Fragen nach zerstörerischen Effekten der Verfolgung bzw. nach konstruktiven Effekten der Migration für die Musikkultur als Ganzes zu schaffen. Dies bedeutet eine Vervollständigung der bisherigen, in Bezug auf NS-Verfolgung und Exil lückenhaften Musikgeschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts, die Möglichkeit, gegenwärtige Konstellationen im Musikleben besser zu verstehen sowie vergessene Musiker/innen wiederzuentdecken.

Musikverlage im „Dritten Reich“ und im Exil

Dissertationsprojekt, Publikation im von Bockel Verlag Hamburg, 2004, 2. Aufl. 2007

Inhaltsverzeichnis [PDF]

Während des 19. Jahrhunderts hatte sich Deutschland und insbesondere Leipzig mit seinen Verlagen, Stechereien, Druckereien und Messen zum internationalen Zentrum für das Musikverlagsgewerbe entwickelt. Durch die auf „Rassenideologie“ und Krieg ausgerichtete Politik des NS-Staats verlor es diese Position nach 1933. Zugleich blühten in den Exilländern, vor allem in Großbritannien und in den USA, die Musikverlagsbranchen auf. Die verschiedenen Faktoren, die dazu führten, werden in diesem Band beschrieben: die „Gleichschaltung“ der Musikverlegerorganisationen und der Aufbau eines „berufsständischen“ Systems, die „Arisierungen“ von Musikverlagen, die rigide Zensurgesetzgebung, die Ausrichtung der Wirtschaft auf den Krieg und die Folgen desselben sowie die Vertreibung jüdischer Musikverleger ins Exil und der in vielen Fällen erfolgreiche Neuanfang dort.

Siehe Biographien von Musikverlegern und Musikverlegerinnen im Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit:

Alberti, Viktor [1884-1942]
Balan, Benno [1896-1944]
Blau, Otto [1893-1980]
Eulenburg, Kurt [1879-1982]
Freudenthal, Josef [1903-1964]
Fürstner, Otto [1886-1958]
Hainauer, Alice [?-?]
Hainauer, Ernst [1907]
Heinsheimer, Hans W. [1900-1993]
Hinrichsen, Hans-Joachim [1909-1940]
Hinrichsen, Henri [1868-1942]
Hinrichsen, Max [1901-1965]
Hinrichsen, Walter [1907-1969]
Jadassohn, Alexander [1873-1948]
Kalmus, Alfred A. [1889-1972]
Lackenbach Robinson, Armin [1900-1985]
Lawford-Hinrichsen, Irene [1935]
Marbot, Rolf [1906-1974]
Reisfeld, Bert [1906-1991]
Retford, Irene [1921-2009]
Roskin, Janot S. [1884-1946]
Roth, Ernst [1896-1971]
Schauer, Richard [1892-1952]
Schauer, Rosel [1898-1995]
Spanier, Gerhard [1910]
Stein, Erwin [1885-1958]
Szücs, Ladislaus [1901-1944]
Translateur, Siegfried [1875-1944]
Wesly, Hermann [1871-1944?]
Winter, Hugo [1885]

Deutsche Grammophon. Geschichte eines Schallplattenunternehmens im „Dritten Reich“

Forschungsprojekt, gefördert durch die Deutsche Grammophon, Publikation im von Bockel Verlag Hamburg, 2000

Inhaltsverzeichnis [PDF]

Die Deutsche Grammophon war während des „Dritten Reichs“ eines der führenden Schallplattenunternehmen. Die allgemeinen Bedingungen der Schallplattenindustrie in dieser Zeit sowie bei der Deutschen Grammophon die wirtschaftlichen und das Repertoire betreffenden Entwicklungen, die „Gleichschaltung“ und Einbindung in die NS-Propagandamaschinerie, die Situation während und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg stehen im Mittelpunkt dieses Bandes.

Siehe Biographien der Mitarbeiter der Deutschen Grammphon im Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit:

Borchardt, Bruno [1886–1940]
Schönheimer, Fritz [1895–1975]

Holocaustrezeption in der Musik

Seit 1945 und in einzelnen Fällen auch davor ist der Holocaust – die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden und anderer Gruppen durch Nazi-Deutschland – von Komponisten in ihren Werken thematisiert worden. Komponisten, die selbst zu den Verfolgten im NS-Staat gehörten, ebenso wie die jüngeren Generationen – vor allem in den USA und Israel, aber auch in der BRD und der DDR – haben sich dieser Thematik angenommen. Man kann sogar sagen, daß die eigentliche Produktion von musikalischen Werken, die den Holocaust thematisieren, erst Ende der fünfziger, Anfang der Sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts begonnen hat.
Thematisch befassen sich die Werke in ganz unterschiedlicher Weise mit dem Holocaust. Einzelne Konzentrationslager wie Auschwitz oder Mauthausen, Ghettos und Orte von Massakern wie Babi Yar sind Bezugspunkte der Werke ebenso wie Einzelpersonen, etwa Anne Frank oder Janusz Korczak, oder bestimmte Tage, wie die Reichspogromnacht oder die Befreiungstage von Lagern. Andere Werke wiederum behandeln einzelne Aspekte des Holocaust, etwa den Widerstand, die Deportationen, die Deportationszüge, die Folter oder das Phänomen von Musik im KZ. Auch allgemeinere Themen wie die Erinnerung, das Leiden oder die Trauer werden aufgegriffen. Es gibt zudem Texte, die wiederholt Grundlage für Vertonungen sind. Das gilt grundsätzlich für Texte von Holocaustüberlebenden und im speziellen für das Anne Frank Tagebuch, die Gedichtsammlung I Never Saw Another Butterfly von Kindern aus dem Lager Theresienstadt und Gedichte von Nelly Sachs. Oft wird auch auf Texte der Bibel oder der jüdischen Liturgie zurückgegriffen. Viele Werke enthalten Widmungen an die Opfer des Holocaust. Diese reichen von Widmungen für Einzelpersonen, z.B. Anne Frank, über solche für einzelne Gruppen von Opfern, etwa die polnischen Opfer, die Opfer bestimmter Konzentrationslager oder die in den KZs getöteten Kinder, bis hin zu Widmungen für sämtliche Opfer des Holocaust. Eine Reihe von Werken erhält offizielle Funktionen, etwa beim Holocaust-Gedenktag in Israel, oder religiöse Funktionen am Sabbath oder als Kaddish.
Bei der Zusammenstellung der Liste mit Werken, die auf direktere oder indirektere Art und Weise auf den Holocaust Bezug nehmen, wurden Werke aller Stilrichtungen – und Stilhöhen – berücksichtigt. Als Quellen dienten neben Einzelhinweisen in Literatur, Katalogen und im Internet verschiedene bereits bestehende Listen, insbesondere von Ben Arnold, Ann Basart und Joshua Jacobson.
Die Liste wird ständig ergänzt und um neue Werke erweitert. Hinweise auf weitere Musikwerke, möglichst mit ausführlichen Quellenangaben, können hier abgeschickt werden.

Eine Liste mit Musikwerken der Holocaustrezeption [PDF]